Als Mitglied des Lehrkörpers der
Atatürk-Universität zu Erzurum war mir während der Jahre 1960-65 Gelegenheit zu
Forschungsfahrten und Ausgrabungen im Nordosten Anatoliens gegeben. Dabei konnte
ich im Herbst 1964 im Osten der Provinz Erzurum Zeugnisse aus dem Zeitalter der
türkischen Landnahme auffinden, wie sie bisher in Anatolien noch nicht
festgestellt worden waren. In einer Höhle fand ich die in den Fels gehauenen Tamga
von zwölf Oghusenstämmen, uigurische Sippenmarken, sowie alttürkische
Schriftzeichen. Die Zeichen müssen im 12. oder 13. Jahrhundert dort angebracht
worden sein. Damit sind sie ein wichtiges Dokument aus der Geschichte der großen
Wanderung der Türkvölker bei der Besiedlung ihrer neuen Heimat [1].
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Fundort:Im südöstlichen Teil der Provinz Erzurum liegt in 2300 m Höhe die Ebene von Karayazi (Karayazi düzü), welche sich etwa 25 km in ost-westlicher Richtung erstreckt. Viele Wasserläufe kommen aus den felsigen Tälern am
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Ausschnitt aus der türkischen karte C-XIV Blatt Hasankale, Ausgabe 1946,
(Ankara).
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Rande der Ebene, vereinigen sich, und fließen durch tiefe, höhlenreiche Schluchten nach Nordwesten dem Aras (Araxes) zu. Das Wetter bleibt hier auch im Hochsommer kühl. Sogar im August stehen die Wiesen und Weiden entlang der Gewässer in üppigem Grün, hält sich noch Eis in manchen Höhlen. Die Viehhändler der Provinz haben hier die ideale Sommerweide für ihre großen Herden.
Als ein Ausläufer der Gebirgskette des Kazbil Dagi liegt der Karatas Tepe (2500 m) am Südostrande dieser Ebene. An seinem Fuße, in einem idyllischen, wasserreichen Talboden, hegt die «Cunni-Höhle». Sie hegt bei Kilometer 34,620 der im Bau befindlichen neuen Straßenführung von der Abzweigung Asagi-Söylemez nach dem Bezirksort Karayazi, vier Kilometer östlich des Dorfes Bayro. Auf Grund der Angaben historischer Itinerare kann geschlossen werden, daß ein alter Weg vom Vansee nach Erzurum hier die Wasserscheide zwischen dem östlichen Euphrat (Murat) und dem Araxes überquerte und sich in der Ebene mit einer Ost-West Verbindung kreuzte.
Die Cunni-Höhle wurde in der mesozoischen Kalkablagerung einer urzeitlichen Flußterrasse einstmals ausgewaschen und ist später von Menschenhand erweitert worden. Es handelt sich um mehrere, zusammenhängende Höhlen in zwei Stockwerken, welche sich in einer Gesamtausdehnung von ungefähr 15 Metern aneinanderreihen. Im Untergeschoß ist der östliche, abgeschlossenere Teil zu einem kapellenartigen Raum mit Apsis ausgestaltet worden. Es ist leicht zu erkennen, daß der Höhlenboden ursprünglich mindestens 1,5 m tiefer gelegen haben muß. Die langen Winter dieser Region verursachen durch die Wirkung des Schmelzwassers im relativ weichen Kalkgestein eine rasche Akkumulation der Bodenbedeckung. Fallendes Felsmaterial schafft einen harten Boden, der von den rastlosen Besuchern dieser Landstriche wohl kaum einmal ausgeräumt worden ist. Ungestörte Fundschichten aus allen Zeitaltern wären daher zu erwarten. Bei meinem Besuch bemerkte ich durch Abklopfen mit einer Eisenstange einen größeren Hohlraum im Boden vor der Apsis der «Kapelle». Die Anlage scheint vor der Seldschukenzeit eine christliche Kultstätte gewesen zu sein. Wie die guterhaltenen alttürkischen Zeichen beweisen, kann sie danach einem solchen Zwecke nicht mehr gedient haben [2].
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Die Cunni-Höhle ist vermutlich wegen ihrer Lage inmitten bester Weidegründe und nahe einer wichtigen Wegkreuzung für längere Zeit eine Art Poststation der Eroberer gewesen. An den auf dem Plan angegebenen Stellen (Z) finden sich, unregelmäßig über die Wände verteilt, rund fünfzig Zeichen und Bilder eingemeißelt. Außerdem sind zwei Inschriften zu je 18 und 28 Schriftzeichen erhalten, von denen nur die erstere ohne Zweifel altarmenisch ist. Allgemein lassen sich unterscheiden :
a Oghusische tamgaIn der Cunni-Höhle sind die Stammessymbole (oder Herdenmarken) von zwölf der 24 oghusischen Stämme angebracht worden. Sie gleichen mit geringen Abweichungen jenen tamga, welche von Maḥmūd al-Kāšgarī im «Divanü Lûgat-it-Türk» [3] aus dem Jahre 1073 überliefert sind. Sie haben jedoch kaum Ähnlichkeit mit den von Rašīd ed-Dīn im «Gami 'al-Tawārīc» [4] aus dem Jahre 1306 für die gleichnamigen Stämme angegebenen Symbolen.
b Uigurische Sippenmarken
c Alttürkische Runen
d Tier- und Reiterdarstellungen
e (altarmenische) Inschriften
f ungedeutete Zeichen
Wenn wir die Form der Zeichen, wie sie Mahmud al-Kasgari angegeben hat, als die primäre ansehen wollen, so besteht die Verschiedenheit der
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tamga in der Cunni-Höhle hauptsächlich darin, daß sie um 45-180 Grad gedreht oder aber spiegelverkehrt angebracht worden sind. Zwei der Varianten zeigen sogar das gedrehte Spiegelbild. Solches kam auch in der Anwendung der alttürkischen Runenschrift vor. A.v. GABAIN sagt : «In nachlässig geschriebenen Dokumenten wird ein Zeichen aus der üblichen Lage manchmal um 90 Grad gedreht oder auf den Kopf gestellt oder es wird sein Spiegelbild geschrieben» [5]. In unserem Falle kann diese Eigentümlichkeit beweisen, daß hier wirklich Stammesangehörige ihre tamga in den Fels gehauen haben, denn nur wer eine gewisse Vertrautheit mit dem Symbol besitzt, kann es als Spiegelbild wiedergeben. Ohne annehmen zu wollen, daß durch gedrehte und spiegelverkehrte Zeichen Unterteilungen innerhalb der einzelnen Stämme ausgedrückt werden sollen, ist der Vorgang erklärlich. Aus dem Divän des Kaschgaren Mahmud erfahren wir, daß diese tamga Brandmarken zur Eigentumsbezeichnung von Reitpferden und Weidetieren waren. Der Brennstempel setzt aber bereits ein Spiegelbild des Zeichens voraus. Wenn dieser nun bei der Handhabung verkehrt aufgedrückt wird, liegt darin wohl keine besondere Bedeutung.
In der Höhle finden sich insgesamt 29 Varianten von zwölf oghusischen Stammessymbolen, durch welche folgende Stämme repräsentiert sind: Qayïg, Afšar, Bayat, Yazgïr, Salgur, Bügdüz, Äymür, Igdir, Ula Yundlug, Čuvaldar, Bäččänäk und Čäpni. Nach der Einteilung der Oghusenstämme bei Rasid ed-Din würden davon die ersten vier zur Stammesgemeinschaft Bozoq, die restlichen zur Stammesgemeinschaft Üčoq gehören. Es wird dort berichtet, daß diese beiden Gruppierungen von je zwölf Stämmen den rechten bzw. linken Flügel des Heeres bildeten. Weil aber Mahmud al-Kasgari, dessen viel früherem Bericht unsere Zeichen ganz offenbar nahestehen, diese Einteilung nicht kennt, mag sie hier unerheblich sein.
Gleichartige Zeichen wurden schon im Jahre 1900 in der Provinz Sivas entdeckt, ohne jedoch bisher als tamga erkannt worden zu sein. Der belgische Forschungsreisende CUMONT [6], Professor an der Universität Gent, fand sie auf der Karataş-Alm, 10 km südlich von Suşehri. Auf dieser Alm, in unmittelbarer Nähe des Kösedaği [7], entspringt der Aksu, ein Nebenfluß des Kelkit (Lycus). Die Ebene von Susehri (auch Aşkar ovasi) war zur Seldschukenzeit unter dem Namen Aq-Šahr bzw. Aqšer-abād ein wichtiger Straßenknotenpunkt [8].
Von Einheimischen wurde CUMONT zur Karatas-Yaylasi geführt, wo sich an einem «Saroudjar» (franz. Schreibung) genannten Platz eine alte Inschrift befinden sollte. Inmitten einer bachdurchflossenen Lichtung, die von einem dichten Wald aus mächtigen Schwarzkiefern umgeben war, stand ein einzelner Porphyrfelsen. In diesen tief eingemeißelt fand CUMONT
55
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fünf
Zeichen, welche ihn an nordische Runen erinnerten. Er konnte für diese
«inscription rupestre» nur die Erklärung finden, daß es sich um
Grenzmarkierungen von Weideplätzen handeln müsse. Trotz seiner Enttäuschung
kopierte er die Zeichen, in denen wir unschwer die tamga der
Stämme Salgur und Qayig erkennen. Zwei andere sind sicher Varianten des Zeichens
der Bügdüz und der Ula Yundlug. Von den fünf Zeichen sind mindestens zwei
gedreht, bzw. spiegelverkehrt und gedreht angebracht, wie es auch in der
Cunni-Höhle der Fall ist. Ich selbst habe den Platz nicht besucht und weiß daher
nicht, ob die Zeichen noch zu sehen sind. Den beschriebenen dichten Wald würde
man jedenfalls heute an jener Stelle vergeblich suchen.
Allgemein kann gesagt werden, daß für das tamga ein Schriftcharakter mit Sicherheit auszuschließen ist. Wohl aber kann es in seiner ursprünglichen Bedeutung als ein Apotropäon angesehen werden, welches in magischer Geltung Unheil und böse Geister von der Herde, der Lebensgrundlage des Hirtennomaden, abwehren sollte. Danach wurde es zu einer Einrichtung des öffentlichen Rechtes, weil es ja Besitzverhältnisse zwischen Individuen zu klären hatte. Man kann daher in seiner Anwendung keine bloße Spielerei sehen. Besonders die Einmeißelung in Felsen entspricht nicht seinem Alltagszweck als Herdenmarke [9]. Wenn also die tamga trotzdem in Felsen eingemeißelt, oder in Mittelasien auf Grabstelen angebracht wurden, so muß dieser Tatsache eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Es stellt sich also die Frage, aus welchem Grunde halbnomadische Oghusen sich der Mühe unterzogen haben, ihre Herdenmarken, zugleich Symbole der Eigenständigkeit ihrer Stämme, in Felsen und Höhlenwände fernab jeder Ansiedlung einzumeißeln. Zwei Anlässe erscheinen möglich :
1. Um von der Teilnahme an einer dort stattgefundenen Zeremonie, wie etwa die Bestattung eines gemeinsamen Führers, Vertragsschluß (oder auch Festlegung von Weidegrenzen) Zeugnis zu geben.Über alttürkische Bestattungszeremonien, die sog. yog-Feiern, wird in byzantinischen Berichten des 6. Jahrhunderts (dort dochia), in den Orchon-Inschriften und von Mahmud al-Kasgari berichtet. Wir wissen, daß zu manchen yog-Feiern Angehörige vieler Stämme kamen, die nach der Beisetzung drei oder sieben Tage lang bewirtet wurden (Kasg. III, 143). Allerdings hat man in Sibirien und im Altai bei den Gedenksteinen kein Grab gefunden.
2. Um einen Geländepunkt als Wegmarkierung auszuweisen bzw. als Rast- und Weideplatz zu empfehlen.
Deshalb wird vermutet, daß die alttürkischen Qagane auf hohen Bergen bestattet und ihre Gräber dem Volke geheim gehalten worden sind [10]. Wenn dies zutrifft, so beruht ein solcher Brauch sicher auf jenen alten Religionsanschauungen, die auch nach Annahme des Islam noch lange
Cunni-Höhle bei Karayazi / Erzurum
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fortbestanden haben. Ob nun aber die Cunni-Höhle einer Bestattungsfeier gedient hat, oder ob der Porphyrfelsen auf der karatas-Alm ein Menhir bzw. balbal gewesen ist, können wir nicht sagen.
Wir wissen aber, daß die alttürkischen Vöolker Mittelasiens höhlenkult
Signes runiques protobulgares de Prestovatz (1), Pliska (2-4, 20, Madara
(5-13), Kalougheritza (14-16), Preslav (18), Cheuseken (19), Kârki-jaba (21)
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und heilige Felsen kannten [11]. In den Höhlen von Madara, deren Bedeutung als Kultzentrum der türkischen Donaubulgaren feststeht, sind ebenfalls tamga als Felszeichnungen angebracht. Ebenso in Pliska (der ersten Hauptstadt der Proto-Bulgaren), in Preslav (ihrer Haupstadt seit 893), sowie auf den Grabsteinen von Kârki-jaba [12].
Aus einer Inschrift für Kül-tegin erfahren wir vom Beruf des bädizči, dessen Aufgabe es war, Verzierungen und Bilder in den Stein der Kultstätten zu schlagen [13]. Es heißt dort vom Qagan : ... barq yaraturtum. ičin tašïn adïnčïg bädiz urturtum. taš toqïtdïm. — Übrigens lesen wir in der gleichen Inschrift, daß bei der Totenfeier des Prinzen Kül der Qagan der Westtürken durch den «weisen Siegelbewahrer der Oguz » vertreten war.
Zurückkommend auf die Donaubulgaren muß die auffallende Tatsache erwähnt werden, daß die von ihnen hinterlassenen Tamgas mit wenigen Ausnahmen alle das Symbol des Qayïg-Volkes darstellen. MAVRODINOV [14] hat die «proto-bulgarischen Zeichen», die auf Felswänden und Grabsteinen, auf Keramik und Ziegeln vorkommen, auf Tafel 46 seines Buches zusammengestellt. Wir finden allein zwanzig Varianten des Qayïg-Tamga. (s. Tafel S. 57).
MAVRODINOV, der das Zeichen (1-18) nicht als
alttürkisches tamga erkannt hat, vermutet jedoch dessen Symbolcharakter und
bezeichnet es als eines der weitverbreitetsten protobulgarischen Zeichen («un
des signes proto-bulgares les plus répandu»). In den unter Nr. 19, 20 und 21
gezeigten sogenannten Runeninschriften ist von drei Zeichen jeweils eines das
Qayïg-tamga, dem ich auch in diesem Zusammenhange keine «alphabetische oder
syllabische Bedeutung» beimessen möchte, zumal die übrigen Zeichen ebenfalls tamga zu sein scheinen.
Das Stammessiegel der Qayïg ist besonders
schön auf einem goldenen Ring aus dem Schatze von Prestovatz ausgeführt
[15].
Mit einer Platte von 2,3 cm Durchmesser, in welche das tamga
eingraviert ist, handelt es sich wohl tatsächlich um einen «Siegel»-Ring. Das
Zeichen ist an seinen Enden mit je drei kleinen Doppelringen verziert, die im
Dreieck angelegt sind. Die Schmuckstücke stammen aus dem 9. Jh. Sie befinden
sich im Kunsthistorischen Museum in Wien. In der vorgenannten Publikation wird
das Symbol als «drei eingravierte Zeichen, vielleicht ein aus drei Teilen
bestehendes Zeichen» beschrieben [16].
Siegelring von Prestovatz. 9.Jh. Natürliche Grosse.
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Die von mir in der Provinz Erzurum gefundenen tamga und die seinerzeit von CUMONT in der Provinz Sivas festgestellten Zeichen unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Sie dürften aus der gleichen Zeit stammen, nämlich aus dem 12. Jahrhundert, wie ihre große Ähnlichkeit mit den von Mahmud al-Käsgarl überlieferten Zeichen beweist. An der Wende des 13./14. Jahrhunderts sind die tamga bereits völlig verändert, obwohl die von Rasid ed-Din genannten Namen der betreffenden Oghusenstämme keinen Zweifel an deren Identität lassen.
Für eine Datierung ins 13. Jahrhundert spricht lediglich die Tatsache, daß gerade das Zeichen des Stammes Qïnïq, dem die Seldschuken angehören, von uns nicht gefunden wurde. Zumindest nicht in der Form des 11. Jahrhunderts. Nun ist aber in der Cunni-Höhle zweimal der nach oben gerichtete Pfeil angebracht, der bei Rasid ed-Din das tamga der Qïnïq ist. Allerdings ist Pfeil und Bogen schon sehr früh als Abzeichen (alamät) des seldschukischen Herrscherhauses bekannt [17]. In der vorliegenden Arbeit sind die gefundenen Pfeilzeichen zunächst als uigurische Sippenmarke, dann nochmals als köktürkische Rune behandelt. Sie wurden nicht als tamga aufgefasst.
Eine Stilveränderung läßt sich am Beispiel der tamga von Bayat und Äymür ablesen, deren eckige Elemente in der Cunni-Höhle kreisrund geworden sind. Sicherlich wären eckige Zeichen leichter in den Fels zu meißeln gewesen. Die tamga sind aber bereits ein Stück auf dem Wege artfremder Entwicklung fortgeschritten. Im 11. Jahrhundert noch eckig wie die alten Runen, sind sie im 13. Jahrhundert kursiv geworden. Sie stehen nicht mehr in fremdländischem Gegensatz zur arabischen Schrift. Fast glaubt man im Symbol der Bičänäh (Petschenegen) ganz einfach den arabischen Anfangsbuchstaben ba des Stammesnamens zu sehen.
Das oghusische Stammessystem, hat sich bald nach der Eroberung Ana-toliens infolge der von den Seldschuken betriebenen, bewußten Siedlungspolitik aufgelöst. Die Forschungen FARUK SÜMERS zeigen, wie Teile einzelner Stämme weit entfernt voneinander angesiedelt wurden [18]. Dadurch muß sich das Zusammengehörigkeitsgefühl und damit auch das Interesse für die Stammessymbole sehr rasch verloren haben. Lediglich einige Herrscherfamilien haben ihre Stammessymbole weitergeführt, wie z.B. die Aq-qoyunlu das Zeichen der Bayïndïr. Die Osmanen, die dem Stamme Qayïg angehörten, haben ihr tamga noch im 15. und 16. Jahrhundert benutzt. Murad II. ließ es auf sein Geld prägen, und von Süleyman II. ist im Istanbuler Heeresmuseum ein 22 Tonnen schweres Kanonenrohr zu sehen, das mit dem Qayïg-Tamga als Relief geschmückt ist.
Wie mir Herr Prof. Dr. ŞINASI TEKIN (Cambridge/Mass.) jetzt mitteilte, sind auch in der Umgebung des Uludag bei Bursa alttürkische tamga gefunden worden [19].
Über Herkunft und ursprüngliche Bedeutung des Wortes tamga wäre noch zu sagen, daß es wahrscheinlich aus der Sprache der Alanen entlehnt
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worden ist. Eine türkische Etymologie läßt
sich nicht nachweisen. Die Osseten jedoch, die Nachfahren der Alanen, nennen das
Emblem bzw. das Symbol eines Stammes damyghœ, abgeleitet von myg
'Sperma', (mygkak 'Sippe, 'Clan'; wörtlich : «dem Sp. zugehörig», i.e.
«vom selben Samen») [20].
Das vorgestellte da (dœ) wäre die kultisch-rhetorische Anrufung
«Dein» (entsprechend dem englischen thy), womit
sich also da-mygœ auf den symbolisierten Stammvater-Schutzgeist bezöge.
b Uigurische SippenmarkenFünf Zeichen aus der Cunni-Höhle können mit uigurischen Haus- oder Sippenmarken verglichen werden, wie sie auf den Rechtsurkunden der Turfan-Texte aus dem 13. und 14. Jahrhundert von Vertragschließenden und Zeugen angebracht worden sind [21]. Von rund 400 derartigen Urkunden sind erst 150 veröffentlicht. Es muß sich um Klan- oder Sippenmarken handeln, weil gleiche Unterschriftensiegel oft von verschiedenen Personen geführt werden. Bekannt ist, daß der Gebrauch von Siegelmarken im sozialen Leben der Uiguren eine bedeutende Rolle gespielt hat und von ihnen geradezu kultiviert worden ist. Das mag seine Ursache darin haben, daß sie mehr als andere Türkvölker in den Bindungen ihrer Sippen- und Geschlechtergemeinschaften verhaftet waren. Durch ihr stärkeres Festhalten an der halbnomadischen Lebensweise zogen sie die Blutsgemeinschaft der größeren, politischen Einheit vor.
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Zu einem Vergleich eignen sich drei Arten der vielförmigen uigurischen Sippenmarken : der nach oben gerichtete Pfeil, das gabelfüßige Kreuz, sowie ein T-förmiges Zeichen. (Gegenüberstellung auf s. 60). Die zwei komplizierteren Zeichenbildungen aus der Cunni-Höhle erinnern an oben gerundete Schilde oder Setztartschen. Auch unter den Turfan-Siegeln gibt es die gleiche Form der Kartusche. Wenn wir nun diese Umrahmung weglassen, so bleiben die oben genannten drei Zeichen als Kombinationselemente zurück.
Die Kreuzvarianten könnten sehr wohl Ausdrücke christlichen Glaubens sein. Im 11. und 12. Jahrhundert verbreitete sich dieser Glaube vom Zentrum der uigurischen Christen, dem Dorfe Bulayïq im Osten der Turfanoase ausgehend, bis tief in die Mongolei. Buddhismus und nestorianisches Christentum traten an die Stelle des Manichäismus, den die Uiguren 300 Jahre zuvor angenommen hatten [22]. Deshalb glaube ich in den Kartuschen die Vereinigung eines alttürkischen mit dem christlichen Symbol, nämlich Pfeil und Kreuz, zu sehen.
Wenn uigurische Stammesgruppen nicht schon
früher in Anatolien aufgetreten sein sollten, dann kommt dafür spätestens das
13. Jahrhundert, also die Zeit der Turfantexte, in Frage. Damals kamen sie im
Gefolge der Mongolen. Schon Čingiz
Han ließ sich im Lande Kaiman durch einen uigurischen Siegelbewahrer in die
uigurische Schrift einführen. In der Folge waren die Staatsbeamten des
mongolischen Hofes größtenteils Uiguren, die sich im Amte ihrer eigenen Schrift
bedienten. Die Eretna-Oğullari
waren uigurische Adelige, die als Statthalter der mongolischen Ilhane in
Sivas residierten. Das Gebiet um Erzurum unterstand ihrer Herrschaft wie
ganz Ost- und Zentralanatolien [23].
c Alttürkische RunenDie Zeichen 1-5, S. 61 unten, sind offenbar alttürkische Schriftzeichen. Sie entsprechen jedoch nicht alle den Buchstaben der bekannten Orchon-Inschriften. Hingegen lassen sie sich dem Alphabet der transsylvanischen Szekl-Schrift aus dem 15. Jahrhundert einordnen. Das Zeichen Nr.2 läßt sich nur indirekt der Szekl-Schrift zuweisen.
1) Die drei Zeichen befinden sich einige Zentimeter unter der Höhlendecke. Von allen Zeichen der Cunni-Höhle sind sie die am tiefsten eingemeißelten.
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Sie sind links und oben rechtwinklig umrahmt.
Unmittelbar in der Ecke der Höhlenwand beginnend, stellen sie sicher den Anfang
einer rechtsläufigen Zeile dar, deren Fortsetzung mit Absicht zerstört wurde.
Wir erkennen
= a(ä) und mindestens zweimal
= s. Beide Zeichen gibt es sowohl im alttürkischen Runenalphabet als auch
in der Szekl-Schrift. Die transsylvanischen Szekler (in Siebenbürgen) behielten
lange ihre hunnische Tradition bei und schrieben noch im 15. und 16. Jahrhundert
auf Holzstäbe, wie ihre mutmaßlichen Vorfahren im Talas-Tal (Westturkestan). Die
Verwandtschaft dieser altungarischen Kerbschrift mit den paläotürkischen Runen
wird für möglich gehalten [24].
2) Das Zeichen = 2r
kennen wir in dieser Form nur von den Holzstab-Kerbschriften aus dem Bezirk
Acïq-Taš im
Talas-Tal (Westturkestan) [25]. Die Inschriften wurden
1936 von MALOV [26] übersetzt und veröffentlicht. Die meisten
der Runen sind aber nicht endgültig gedeutet. Deshalb müssen die Inschriften
trotz der vorgeschlagenen Übersetzung als noch nicht entziffert gelten. Es läßt
sich nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, daß sie türkisch sind [27].
Die archaischen Formen der Zeichen stammen vermutlich aus dem 7. Jahrhundert. Es
kann sich somit um den ältesten türkischen Text handeln, der bisher gefunden
wurde. MALOV, der seine Deutung keineswegs für gesichert hielt, liest unser
Zeichen
= g.
ORKUN
[28] sieht wohl richtig darin die alte Form von
=
2r und vergleicht mit den Inschriften von Xoitu-Tamir, wo es in
Namensformen als (ä)r 'Mann, Krieger' (z.B. : Alp-är) vorkommt. Die drei
vertikalen Striche über dem Zeichen aus der Cunni-Höhle wollen vielleicht sein
Triplum ausdrücken; also : «drei Soldaten». Das Zeichen kommt allerdings in
Xoitu-Tamir auch als Fels-Tamga
vor [29]. Noch heute, im 20. Jahrhundert, wird es in
Zentralasien als Herdenbrandmarke gebraucht [30].
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Es ist noch keine Untersuchung über die Entwicklung der alttürkischen Runenschrift und die Wege ihrer Ausbreitung angestellt worden. Zusammenhänge zwischen den Alphabeten der alten Ungarn, Pecenegen und Komanen werden nicht bezweifelt [31]. Mit diesen Alphabeten und besonders mit der Szekl-Schrift, haben die Zeichen der Talas-Kerbschrift große Ähnlichkeit [32]. Augenfällig aber ist ihr Unterschied zu den Schriftzeichen vom Orchon, Jenissei und Ostturkestan. ORKUN sagt [33] : «Diese, aus Westturkestan (Talas) stammenden Stabtexte zeigen große Ähnlichkeit mit den Szekel-Texten. So verstärkt sich die Vermutung, daß dieses Alphabet den Übergang vom Alphabet der West-Köktürken zum Szekl-Alphabet darstellt».
3) Das Radkreuz ist ein uraltes Symbolzeichen, das wir von China bis Skandinavien als Eelsenzeichnung und besonders auf Grabsteinen antreffen. Im Zusammenhang mit der Mond-Totengottheit versinnbildlicht es die vier Weltrichtungen und dient zur Orientierung bei der Reise ins Jenseits [34]. Nach A. v. GABAIN war die Teilung von Makro- und Mikrokosmos in die vier Weltquadranten eine in Zentralasien und China verbreitete Idee [35].
Auf dem Felsen von Sulbur-Ula [33a] ist das Radkreuz zusammen mit dem tamga des Stammes Äymür angebracht. Als Rune finden wir das Zeichen in der Felsinschrift von Kara-Yüz beim Dorfe Sulek [33b] und auch im sog. «Bologna-Text» aus dem 15. Jahrhundert, also in der Szekl-Schrift.
4) Der nach oben gerichtete Pfeil findet sich sowohl in der Jenissei-Schrift, als auch im altungarischen Runenalphabet. Es ist eines der wenigen piktographischen Zeichen der ältesten türkischen Schrift, da es den Laut oq ausdrückt, der ebenfalls «Pfeil» bedeutet [36]. Das Zeichen war seit dem 13. Jahrhundert tamga des Stammes Qïnïq, aber auch das gemeinsame Symbol der zwölf oghusischen Üčoq-Stämme [37]. Die zwei in der Cunni-Höhle vorkommenden Pfeilzeichen sind bereits als uigurische Sippenmarken (vgl. S. 60) aufgeführt.
5) Das Kreuz (mit geradem oder schrägem Querbalken) tritt nur im altungarischen Alphabet auf, wo es i bedeutet.
Auffallend ist nun die Tatsache, daß die Zeichen 2-5 (S. 61) in gleicher Form unter den karischen Schriftzeichen vorkommen [38]. Hier haben sie vermutlich Silbenwert.
Karisch:Die bisher nicht lesbare Schrift der Karer mit über 50 Zeichen ist nach J. FRIEDRICH «eines der schwierigsten Probleme der Schriftgeschichte über-
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haupt». In der Deutung der obigen Zeichen stimmen jedoch Forscher wie BRANDENSTEIN, BORK, FRIEDRICH überein. Mögliche Zusammenhänge mit der alttürkischen und altungarischen Runenschrift sollen hier in einer Vermutung ausgedrückt sein:
Die Talas-Kerbschrift könnte vielleicht schon sehr früh, und zwar in späthellenistischer Zeit, aus dem benachbarten Marakanda (Samarkant) oder aus Alexandreia am Jaxartes (Kokand bei Taškent) übernommen worden sein. Jedenfalls lassen sich in der Satrapie Baktrien/Sogdiane/Margiane Karer nachweisen. An den Oxos hatte schon Xerxes eine Kolonie Milesier verpflanzt [39]. Herodot (484-425) war selbst ein Karer aus Halikarnassos [40]. Offenbar ist er auf seiner Reise ins Skythenland auf altaistämmige Skythen gestoßen, denn er berichtet z.B. (IV, 103) : « Die Amazonen heißen bei den Skythen Äorpata, das ist ,Männermörderinnen', denn Äor heißt ,Mann' und pata ermorden». Man denkt dabei an alttürk. är- Mann + bat- untergehen'.
Alexander der Große ließ 323 v.Chr. in Karien Söldner anwerben und setzte eine arpanä. von ihnen in Babylon ein. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß sich auch unter der meist aus Söldnern bestehenden Besatzung (10000 Fußsoldaten und 3500 Reiter), die der König bei seinem Abmarsch aus der «basileia» Marakanda, wo er längere Zeit Hof gehalten hatte, zurückließ, [41] viele Karer befunden haben. Vorher hatte Alexander in Baktrien eine Stadt Kariatai gegründet (Strab. XI, 517), wohl jene, die auf einer helleno-baktrischen Goldmünze (von ca.160 v.Chr.) mit der Inschrift «Karîčiye-negara devata» («Gott der Stadt Karîçi») genannt ist [42]. Man wird erinnert an Karîkon, den Stadtteil von Memphis, wo die karischen Söldner des Amâsis (26. Dynastie, 663-525) wohnten [43].
Wenn sich ein Einfluß der karischen Schrift auf die Runen von Talas nachweisen läßt, dann wird auch verständlich, warum die Handschriften von Talas, wie A.v. GABAIN feststellt, sprachlich untürkisch erscheinen [44]. Hinzu kommt, daß nach Ansicht der meisten Forscher die karische Schrift eine Silbenschrift ist [45]. Die Vielzahl der karischen Schriftzeichen ist dafür
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einer der Beweise. Die geringere Anzahl der alttürkischen Runenzeichen könnte hingegen bedeuten, daß dem Türkischen eine Silbenschrift ursprünglich nicht zugeeignet war.
Wir haben gesehen, daß die Runen der Cunni-Höhle mit der paläotürkischen Talas-Kerbschrift des 7./8. Jahrhunderts einerseits und mit der altungarischen Szekl-Schrift des 15./16. Jahrhunderts andererseits verglichen werden können. Diese wurden beide auf Holzstäbe geschrieben, eine Tatsache, die wegen des beträchtlichen räumlichen und zeitlichen Abstandes dieser Schriftanwendung Beachtung verdient. Dazwischen stehen die Komanen des 12./13. Jahrhunderts, deren altes Alphabet ebenfalls vom Runentürkischen stammt und die auch auf Holzstäbe schrieben. In den alttartarisch-komanischen Rätseln ist davon wiederholt die Rede [46]:
uzun agač basïnda An die Spitze eines langen HolzesDiesem Volke, das sich im «Kodex comanicus» selbst mit dem Namen «Tatar» bezeichnet, kann eine Vermittlerrolle zugekommen sein. In engerem Sinne vermittelnd waren die «tatarischen Postreiter», denen die Höhle vielleicht als Rastplatz gedient hat.
ulu bitiv bitidim habe ich eine große Schrift geschrieben.
biti biti bitidim Einen Brief, einen Brief habe ich geschrieben.
bäš agačga bitidim Auf fünf Hölzer habe ich ihn geschrieben.
d Tier- und ReiterdarstellungenDie in der Cunni-Höhle angebrachten bildlichen Darstellungen (S. 66) sind Ritzzeichnungen, die jedoch in das Kalkgestein verhältnismäßig tief eingekratzt werden konnten. Sie sind 20-40 cm groß, während die ohne ersichtliche Ordnung und Zusammenhang mit ihnen vermischten tamga nie über 10 cm groß sind. Die Bilder werden wegen ihrer starken Abstraktion von den Einheimischen als Kinderzeichnungen angesehen. Dagegen spricht aber der Umstand, daß sie sich, wie auch durchwegs alle anderen Zeichen, in 1,50 bis 2,00 m Höhe über dem heutigen Höhlenboden befinden.
Das Bild eines Steinbocks (a) erinnert an ähnliche Abbildungen auf den Stelen von Bei-Kem und Ulu-Kem in Sibirien, sowie auf einer Ziegelinschrift von Ulan-Bator [47]. Auf den Steinen für Bilgä Qagan und für Kül Tegin finden wir den Steinbock in einer zum tamga stilisierten Form [48].
Eine andere Darstellung (b) zeigt das Bild eines Reiters, der vielleicht einen Helm trägt. Seine Beine sind beide sichtbar, als ob er im Damensitz ritte. Deutlich wiedergegeben ist der hochgebundene Pferdeschwanz. Es war dies ein durchaus alttürkischer Brauch, der sich bis heute bei den Kirgisen und Mongolen gehalten hat [49]. Ibn al-Aṣīr berichtet, daß Alp
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Arslan in der Schlacht von Malazgirt den Schwanz seines Pferdes hochband.
Es ist anzunehmen, daß diese Bilder mehr zu bedeuten haben, als vielleicht die Erinnerung an ein Jagdereignis. Auch ist aus Hocharmenien und Trans-kaukasien keine Capriden-Gattung mit derartig langem Horizontalgehörn bekannt. Die totemistische Mythologie mancher altaischer Völker kannte den Hirsch als Stammvater des Menschen. Hirsch und Steinbock wurden vielleicht als Jagdtier gleichgesetzt. Noch heute wird in Erzurumer Jägerkreisen die langgehörnte Bergziege (Bezoar-Ziege, capra hircus L.) durchweg geyik genannt, was auch 'Hirsch' bedeutet. Im Altaigebiet geht der Stammesvorfahre aus der Verbindung eines Wolfes mit einem Hirsch (cervus elaphus) hervor, die zusammen bei einem See im Walde leben [50]. Bei den Völkern Sibiriens vom Jenissei bis zur Mandschurei wird der Schamane mit Hilfe der «Hirsch-Seele» ins Jenseits entrückt. Er «reitet den Wildhirsch», d.h. seine mit Hirschfell bespannte Trommel, und das Geweih des Tieres ziert seine Tanzkrone. Zum Schamanisieren wird ferner ein ijä-kyl als
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Helfer auf der Seelenreise benötigt. Es wird jeweils nur für den einmaligen Gebrauch geschnitzt oder aufgezeichnet [51]. Es weist Ähnlichkeit mit den Tierdarstellungen aus der Cunni-Höhle auf.
ijä-kyl Formen.
Nach : HOLMBERG, fig. 20 (S. 511).
Der Hirsch war der Schutzgeist (ongon) aller Stämme der Alanen einschließlich der Saken, deren Name von alanisch sag 'Hirsch' kommt. Tapfere Krieger der Osseten werden als 'Hirsche' bezeichnet (sagtœ). Ein altalanisches Wort für 'Hirsch', das dem Tabu verfiel, soll Ursprung des Namens der Alanen sein und noch im russischen Wort olen' 'Hirsch' weiterleben [51].
Die Darstellungen können aber im Zusammenhang
mit den Oghusen nicht als Abbildung von Totemtieren aufgefasst werden, denn wir
wissen durch Rasid ed-Din, daß diese ausschließlich Raubvögel, wie Bussard,
Adler, Falke, Sperber u.a., als ongun
verehrten [52]. Je vier Stämme, welche offenbar eine
genealogische Einheit darstellten, hatten ein gemeinsames Totemtier. Die Teilung
der 24 Stämme in sechs Gruppen steht im Zusammenhang mit der Überlieferung von
den sechs Söhnen des Eponymos Oguz.
e (altarmenische) InschriftenVon den beiden Inschriften in der Cunni-Höhle ist nur eine mit Gewißheit armenisch und zum Teil lesbar. Sie wurde in einer durchlaufenden Zeile angebracht, deren Ende zerstört ist.
Herr Dr. PAUL JUNGMANN, Lehrbeauftragter für Armenisch an der Universität Bonn, dem ich folgende Übersetzung verdanke, hält eine Da-
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tierung der Inschrift in das 10. oder 11. Jahrhundert für möglich, so daß sie also noch aus der Zeit vor der Seldschukenherrschaft stammen könnte. Dennoch kann man sie auch in diesem Falle nicht als klassisch-armenisch bezeichnen. Sie ist in der Volkssprache Ramkoren verfasst. Die erste Hälfte der Zeile lautet
T[ē]r A[stua]c ołorme(c')Danach folgt wahrscheinlich ein Name, der sich nicht entziffern läßt, weil die Zeile hier zweimal zerstört ist.
= Herr, Gott, erbarme dich! (oder : ... erbarmte sich).
Die zweite Inschrift ist vierzeilig. Sie läuft
von links nach rechts, wie ihre Zeilenanfänge auf gleicher Höhe beweisen. Obwohl
fast die Hälfte der Schriftzeichen Ähnlichkeit mit Majuskeln der armenischen
Schreibschrift aufweisen, kann die Inschrift deshalb noch nicht als armenisch
angesehen werden.
Die Vermutung, daß uns hier erstmalig jenes unbekannte alttranskaukasische Alphabet vorliegt, welches bis zum Jahre 400 im Gebrauch war, trage ich als meine eigene Ansicht vor.
Lange vor der Bibelübersetzung des Hlg. Mesrop, durch die eine armenische Nationalschrift allgemein verbreitet wurde, gab es ein aus nur 29 Buchstaben bestehendes, nach semitischer Art konsonantisches Alphabet. Wie der Historiker Asolik (geb. 928) mitteilt, wurde es von Bischof Daniel, «dem Philosophen der Syrer», erfunden. Der Hlg. Mesrop verbesserte lediglich dieses Alphabet durch Hinzufügung von sieben Vokalen « nach dem Muster der griechischen Schrift» [53]. Eine Anwendung des vor-mesropischen Alphabets ist bisher nicht gefunden worden, seine Schriftzeichen sind unbekannt. Der armenische Historiker Moses von Chorene (5. Jh.) sagt, daß man früher in einigen Gegenden Armeniens mit griechischen, in anderen mit «assyrischen» Buchstaben geschrieben habe [54]. Der größte Teil Armeniens unterstand damals der persisch-sassanidischen Oberherrschaft, weshalb man sich in Verwaltung und Handel der vom Aramäischen abstammenden Pehlevi-Schrift zu bedienen hatte, Die Sprache des Gottesdienstes war syrisch, die Kultsprache der griechischen Mutterkirche verboten, um den hellenistischen Geist zu unterdrücken.
Schon TAYLOR [54] glaubte, daß Mesrop eine in Ostarmenien vorher gebräuchliche Altform des unregelmäßigen, kursiven Pehlevi in eine geometrische Unzialschrift verwandelt hat. Diese Altform müsse ähnlich der Kharosthi-Schrift gewesen sein, welche wie Pehlevi auf einen aramäischen Schrifttypus zurückgehe. Kharosthi wurde vom 5. Jh. v.Chr. bis zum 3. Jh. n.Chr. in Nordwestindien und Baktrien gebraucht. Die räumliche Entfernung von Armenien ist beträchtlich. Es scheint aber tatsächlich fast die
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Hälfte der Buchstaben unserer Cunni-Inschrift dem Kharosthi-Alphabet unverändert entnommen zu sein. Ich halte daher die beiden Schriftsysteme für periphere Regionalformen eines sehr frühen Pehlevi-Duktus.
Deshalb muß aber die Cunni-Inschrift nicht ebenso alt sein. Sie kann sogar noch lange nach Einführung des neuen Alphabets geschrieben worden sein. Die G-ebirgszone zwischen den beiden Armen des oberen Euphrat, Murat und Karasu, war spätestens seit Ende des 7. Jh. im Besitz einer unabhängigen, fanatischen Sekte, die sowohl von der armenisch-gregorianischen als auch von der griechisch-orthodoxen Kirche exkommuniziert war. Diese manichäisch-gnostischen «Paulikianer» gehen sicher auf bald nach dem Tode Manis (276 n.Chr.) eingetroffenen Exulanten zurück; doch gilt als Ursprung und Heimat der Sekte das Gebiet zwischen den Quellen des Aras und des Tuzla-su [55], d.h. die «Şakşak-Berge» in unmittelbarer Nachbarschaft des Fundortes der Inschrift. Die Paulikianer waren ein unbezähmbares Kriegsvolk, das sich in seinen Bergfestungen drei Jahrhunderte lang behauptet hat. Trotz der groß angelengte Ausrottungsfeldzüge (Paulikianerkriege) der byzantinischen Kaiser griechischer und armenischer Herkunft, trotz wiederholter Massendeportationen nach Thrakien (von wo aus sie die 'Häresien' der Bogumilen, Albigenser und Hussiten inspiriert haben), wurden sie bis zur seldschukischen Eroberung Armeniens nie ganz unterworfen. Es ist kaum anzunehmen, daß sie jemals die Kirchenreformatorische Schrift Mesrops übernommen haben. Eher ist zu erwarten, daß sie in ihren religiös-konservativen Bindungen zum manichäischen Mittelasien auch an dem alten, von dort gekommenen Alphabet festgehalten haben.
Beim Vergleich der vorliegenden Inschrift mit den ihr ähnlichen Alphabeten zeigt sich wie erwartet, daß die Konsonanten aus dem Osten, die fehlenden Vokale aus dem Westen entlehnt worden sind. Von den 28 Schriftzeichen sind 11 in gleicher Form aus dem wegen seines semitischen Ursprungs rein konsonantischen Kharoṣthī-Alphabet übernommen. Die restlichen Konsonanten sind aus der armenischen Schrift bekannt. Die Vokale sind entweder direkt aus dem Griechischen kopiert, oder haben bereits ihre spätere armenische Form angenommen. Die zwei Striche über dem vierten Buchstaben der dritten Zeile sehe ich als Entlehnung aus der syrischen Schrift an. Dort wurden seit ältester Zeit (Estrangělo-Alphabet) die Pluralformen durch zwei übergeschriebene Punkte (Sejâmê) gekennzeichnet. Gewöhnlich sitzen sie auf dem 3. oder 4. Buchstaben des Wortes. Der Schreiber ist bemüht, sie gleichsam in die Zeile zu versenken und wählt daher einen niedrigen oder geöffneten Buchstaben in Wortmitte [56]. In unserer Inschrift scheint diese Manier angewendet zu sein.
Mindestens 7 der Schriftzeichen finden wir aber im sogenannten armazischen Alphabet, welches als Vorläufer des altgeorgischen angesehen wird. Es handelt sich um eine Spielart des aramäischen Alphabets, und es steht der Schrift des arsakidischen Pehlevi (pahlavik) nahe. Die armazischen Inschriften aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. wurden beim Dorfe Armazi, 22 km nordwestlich von Tiflis, in der Nähe der alten
70
Hauptstadt Mzcheta, gefunden [57].
Eine der Grabschriften ist eine Bilingue mit griechischer Version, außerdem gibt
es eine beschriftete Silberschale. G.W. CERETELI hat die Inschriften
veröffentlicht
[58]. Über die ältesten Formen der georgischen Schrift ist
die Abhandlung von A. G. SCHANIDZE maßgebhch [59]. Auch
DEETERS hatte vermutet, daß die altgeorgische Hutsuri-Schrift (Priesterschrift)
aus einer Vereinigung der aramäischen Armazi-Schrift mit griechischen
Vokalzeichen, sowie einigen anderen Lautzeichen, die ein semitisches Alphabet
nicht aufzuweisen hatte, entstanden ist. Er hielt es dabei für möglich, daß dem
georgischen und dem armenischen Alphabet gemeinsam eine Form der Armazi-Schrift
zugrunde liegt, die wir noch gar nicht kennen [60].
Bei einer zukünftigen Untersuchung unserer Inschrift aus der Cunni-Höhle wird auch zu beachten sein, daß sie in vielen ihrer Zeichen Ähnlichkeit mit der Schreibschrift des georgischen Mhedruli aufweist, das sich ja offensichtlich aus den Minuskeln der älteren Hutsuri-Schrift entwickelt hat.
F. ALTHEIM glaubt, daß das Armazi-Alphabet um
300 n.Chr. von den Kaukasushunnen übernommen wurde und daß es auch die am Hofe
Attilas gebräuchliche Schrift gewesen ist. Nach seiner Ansicht waren es die
Hunnen, die daraus die protobulgarischen und auch die alttürkischen Runen vom
Orchon und Jenissei geschaffen haben, was er in einer Schrifttabelle
demonstriert [61].
f Ungedeutete Zeichen
Während die Bedeutung der Zeichen l und 3 unklar bleibt, ist das vierfach gegabelte Kreuz sicherlich das Symbol des Christentums. Ich fand es in dieser Form und mit gekrümmten Gabelungen (Ankerkreuz) auf vielen
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armenischen Grabsteinen in Ostanatolien. Nr. l könnte eine stark abstrahierte Tierdarstellung sein. Nr. 3 kann als dreimalige Wiederholung der armenischen Minuskel a(aib) angesehen werden, die vielleicht einen Ideogrammwert hat. Das Zeichen ist in der Cunni-Höhle noch an zwei anderen Stellen angebracht. Einmal steht es alleine, ein anderes Mal ist es zweimal nebeneinander wiederholt.
ToponymieDie Ortsnamen an den Fundstellen und in deren Umgebung können in den meisten Fällen von den Einheimischen nicht erklärt werden. Es sind daher einige Deutungsversuche angezeigt.
Für die beiden Fundorte der oghusischen tamga, welche in Luftlinie 350 km voneinander entfernt sind, ergibt sich zunächst eine topographische Parallele : Die Zeichen wurden in Felsen eingemeißelt, die jeweils inmitten eines wasserreichen Weidegrundes, ungefähr 2300 m hoch, im Süden von Ebenen liegen, in denen wichtige Wegverbindungen zusammentrafen. Auch die Ortsbezeichnung stimmt überein : Er liegt in der Provinz Sivas auf der Karataş-Alm, und in der Provinz Erzurum am Fuße des Karataş-Berges.
Karataş : Die Bedeutung «dunkler Stein» ist sicher nicht ganz richtig, wenn sie auch für den Porphyrfelsen auf der Karataş-Alm zuzutreffen scheint. Unter qara wird im Alttürkischen u.a. das Nutzvieh verstanden [62]. Außerdem steht kara noch heute in vielen türkischen Wortverbindungen für «Land», wobei das Wort durch seine Genetivstellung als Nomen ausgewiesen wird. So zum Beispiel: Kara ordusu 'Landheer'; Karayollari 'Landstrassen' usw. Noch deutlicher ist : Karaya çikmak, Karaya oturmak 'landen, stranden'. Demzufolge ist die Übersetzung «Landstein» möglich. Stellen wir uns darunter einen als Landmarke gekennzeichneten Felsen vor, so wird man an die Ula-Felsen erinnert, welche von Mahmud al-Kasgari als Wegweiser bezeichnet werden [63]. Er gibt dazu ein Sprichwort seiner Zeit wieder : Ula bolsa yol azmas. Eilig bolsa söz yazmas : «Wenn es üla (Wegweiser) gibt, kann man sich nicht im Weg irren. Wenn (bei einem Menschen) Wissen (Verstand) vorhanden ist, kann er sich nicht in seinem Wort irren». Noch heute werden diese, in der Regel mit tamga versehenen Felsen in Zentralasien so benannt. Auf dem Felsen von Sulbur-Ula [64] und auf einem Felsen beim Dorfe Sulek sind Zeichen eingemeißelt, die sich auch in der Cunni-Höhle finden. So das Radkreuz und das tamga des Stammes Äymür, letzteres ebenfalls in seiner runden Form.
Neben meine bereits vorgetragene Vermutung, daß die ostanatolischen tamga gelegentlich einer yog-Feier angebracht worden sein könnten, stelle ich die zweite Möglichkeit : In den Jahrhunderten der türkischen Landnahme sind sie vielleicht als Markierung der Wege und Weideplätze für die nachrückenden Stammesgenossen hinterlassen worden.
Karayazi heißt zusammen mit dem Bezirksort die Ebene, an deren Rand
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die Cunni-Höhle liegt. Aus dem 5. und 6. Jahrhundert ist für sie der Name Tvaracatap ,Hirtenebene' belegt (von armenisch tvarac 'Hirt' + tap' 'Ebene') [65]. Noch heute leben die 14 Dörfer der Ebene ausschließlich von der Schafzucht.
Für «kara/qara» nehme ich die alttürkische Bedeutung «Vieh» [62] an, die den heutigen Türken nicht mehr bekannt ist. Das Wort «yazi» wurde schon von den Oghusen in der Bedeutung : «freier Platz, offenes Land» gebraucht, wie Mahmud al-Kasgari berichtet [66]. Es soll auch noch heute in der anatolischen Volksprache im Sinne von « unbebaute Ebene, Freiland» (z.B. Yazi yaban 'Wildnisebene') gebräuchHch sein [67]. Daß aber trotzdem diese Wortbedeutung kaum noch verstanden wird, erweist sich durch die Tautologie in Karayazi düzü, was wir in der türkischen geographischen Literatur und auf den offiziellen Karten antreffen, wo also das Wort «Ebene» unbewußt wiederholt wird.
Auf älteren deutschen Reisekarten steht die Übersetzung «Steppe Karayazi». Damit ist der Landschaftscharakter treffend ausgedrückt. Ein solches Gebiet inmitten der schroffen Bergwelt muß auf ein Volk der Steppenreiter nicht nur aus strategischen Gründen anziehend gewirkt haben. Die alttürkische Wortbildung qarayazi «Viehebene» als Synonym für die armenische «Hirtenebene» geht sicher auf ihre Zeit zurück.
KanghaNur wenige Kilometer westlich der Cunni-Höhle liegen die Ruinen einer großen, alten Siedlung. Sie erstrecken sich ca. 1,5 km am Ufer des Kazbil-su entlang. Auf dem gegenüberliegenden Ufer des Flüßchens verläuft die neue Landstraße nach Karayazi. An die Ruinen grenzt im Osten unmittelbar das Dorf Bayro, das seit einigen Jahren amtlich Salyamaç ('helle Bergwand') heißt. Die Einheimischen sprechen von der uralten « Kangha-Stadt», welche die Hauptstadt eines weiten Gebietes gewesen sein soll. Der Name wird manchmal auch Kanka ausgesprochen.
Wahrscheinlich haben wir hier die alte Stadt Hanga wiedergefunden, «quod est castrum magnum», wie Daniel de Taurisio von ihr sagt [68]. Sie lag im Gebiete des «archiepiscopum Manasgardensem». Manazkert, heute Malazgirt, liegt in Luftlinie ungefähr 70 km südöstlich und ist die im Laufe ihrer Geschichte vielumkämpfte Hauptstadt dieses Gebietes.
Im frühen Mittelalter führte die Ebene Karayazi den Namen Ṭoġṭab, d.h. «Ziegenebene» (vgl. Anm. 85). Michael der Syrer berichtet, daß durch ein Erdbeben im September 1446 eine Stadt namens Doghodaph zerstört worden sei, wobei es roten Schnee geregnet habe [69]. Eine Ortschaft dieses Namens gibt es nicht mehr. Lediglich der aus der Ebene nach Hirns führende Pass und sein Berg heißen noch Tahtab (2880 m) [70].
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Auf älteren Karten europäischer Forschungsreisender wird dieses Tal des Kazbil-su, gelegen zwischen dem Kazbil-Gebirge und der Steppe Karayazi, auch Tschihirgan genannt, was wohl Şehirgan zu lesen ist. Offenbar handelt es sich um eine persische Wortbildung wie z.B. Bazergan (persische Zollstation am Ararat). Das Bildungssuffix -gan bedeutet «zu etwas gehörig» (Bazergan 'ad forum pertinens') [71]. Wie also Bazergan das 'zum Bazar gehörige Gebiet' bezeichnet [71], wurde der Talboden des Flüßchens Kazbil «zur Stadt gehörig» genannt.
Die genannte Siedlung Kangha war geschützt durch Wall und Graben in Verbindung mit dem Flußlauf. Die aus 1-2 Lagen unbehauener Steine bestehenden Fundamente der Häuser sind regelmäßig angelegt, sodaß man zwischen ihnen die sich rechtwinklig kreuzenden Straßen erkennen kann. Es finden sich dort sowohl Scherben monochrom-braunroter Töpferei, als auch grün- und blauglasierte seldschukische Ware. Auffallend ist die große Zahl der Bruchstücke von kunstvoll gedrehten Armreifen aus Farbglas. Blaues und grünes Glas (Eisenoxyd- und Chromzusatz) herrscht vor. Bauern brachten eine unbeschädigte, gläserne Spitzvase, 22 cm hoch, grünlich und mit blauen Noppen besetzt, welche sie in den Ruinen gefunden hatten, und machten sie dem Museum der Atatürk-Universität zum Geschenk. Die Vase ähnelt den Glasarbeiten der abbasidischen Zeit.
Die monochrome Keramik von Kangha, welche ich für das älteste Stratum dieses Platzes halte, zeigt eine Art von Verzierung, die in Nordost-Kleinasien seit dem Ende des I. Jahrtausends nach Chr. stellenweise auftritt, hier aber keine Entwicklung aufweist. Es sind dies drei charakteristische Muster : a) Tannenzweig- oder Kornährenbänder, b) leichte Wellenlinien, c) wellenförmige Kammverzierungen. Außerdem fand ich auf zwei monochromen Gefäßrand-Scherben je ein eingedrücktes Einzelmuster, das ich «Katzentritt» nennen möchte (Abb.d) [72].
Diese Verzierungstechnik ist heimisch in der alten Kulturoase Choresmien (Hvārezm), zwischen Oxus und Jaxartes im Aralseegebiet. Wie die Ergebnisse der in den Jahren 1937-1947 von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR durchgeführten Expeditionen [73] zeigen, hat sie sich dort länger als drei Jahrtausende hindurch behauptet. Die Verzierungen finden sich in jeder Kulturschicht, vom Neolithikum am Beginn des 3. Jahrtausends (Kelte Minar) bis zur Mitte des 1. Jahrtausends unserer Zeit-
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rechnung (Afrigh-Kultur), also bis zur letzten vorislamisclien Ära Choresmiens. Sogar das «Katzentritt» -Muster kommt in der K'ang-kü (Kan-gha)-Kultur (etwa 500 vor bis 500 nach Chr.), welche die Blütezeit Altchoresmiens war, als Ziegelstempel vor. Die russischen Forscher bezeichnen dieses und andere Stempelzeichen, mit denen jeweils alle Ziegel eines Hauses versehen waren, als Tamya verschiedener Sippen [74]. Aber auch noch in der islamischen Epoche Choresmiens [75] lebt die bodenständige Keramik der Kornähren- und wellenförmigen Kammverzierungen fort. Gemischt mit blauem und grünem seldschukischen Glasurgeschirr zeigt sich das gleiche Bild wie an unserer Fundstelle in der Provinz Erzurum.
In diesem Zusammenhange sei ein in Ungarn
gefundenes, spätavarenzeitliches Tongefäß (Höhe 14,7 cm) erwähnt. Es ist mit
eingekämmten, umlaufenden Wellenlinien verziert, und auf seinem Boden zeigt es,
ca. 5 cm groß im Relief, jene Szekler Rune ,
die wir eingangs besprochen haben. Dieser Typus der avarenzeitlichen Keramik mit
Wellenlinienverzierung und Bodenstempel tritt in Ungarn seit der Mitte des 7.
Jahrhunderts n.Chr. auf, und zwar ausschließlich entlang der beiden Donauufer [76].
Der Name Choresmiens mag «Sonnenland»
bedeuten, wie VERNADSKY
[77] ausführt. (var-zem»,
von avestisch :
var;
alanisch :
ur,
beides ,Sonne' bedeutend.) TOLSTOV führt in seinem Buche den für uns
interessanten Beweis, daß Kangha der eigentliche Name Choresmiens gewesen
ist: Schon im Avesta und in der späteren zoroastrischen Literatur ist die Rede
von «Kangha, das hochragende, heilige» (Ardwī sūr
Jäšt, V, 54.57).
Im Ša
-nāmä
ist Kangha (bzw. Kang-Diz und Kang-i-Sijawa
s)
der Ort, wo Sijawusch lebte und wirkte. Der große Choresmier Al-Bīrūnī
(geb. 973) wiederum bezeugt, daß sich dessen Auftreten in Choresmien ereignet
hat.
Der chinesische Gesandte Tschang K'ien, der
sich 126 v.Chr. im Auftrage des Kaisers Wu-ti vergeblich bemühte, Choresmien zu
einem Bündnis gegen die Hunnen zu bewegen, sowie die Annalen der frühen
Han-Dynastie zeugen von dem großen, aus fünf Fürstentümern bestehenden Reiche
K'ang-kü. Der Name «vārezm»
jedoch ist in keiner chinesischen Quelle zu finden. Andererseits kennen die
griechisch-römischen Quellen kein K'ang-kü. Damit wird die Identität der beiden
Namen bewiesen. Das Reich muß sich in den Jahrhunderten um die Zeitwende bis zum
Ural und bis zum Kaukasus ausgedehnt haben. Noch in den Annalen der
T'ang-Dynastie (7.-10. Jahrhundert) wird dieses Land «K'ang» erwähnt. Vielleicht
kann man dazu auch das in georgischen und armenischen Chroniken oft genannte
Gebiet Kang-ark[78]
im Bogen der oberen Kura, dessen Bewohner als Fremdvolk gelten, stellen.
Den Namen Kangha leitet TOLSTOV von dem gemein-indogermanischen Stamm qan 'Kanal' ab, dessen Bedeutung sich bis in die heutigen euro-
75
päischen Sprachen erhalten habe. Der ursprüngliche Name Choresmiens Kangha bedeutet demnach «Land der (Bewässerungs-)kanäle (bzw. Flußarme) ». Tatsächlich haben die russischen Expeditionen in der Wüstenzone Transoxaniens, zwischen den Deltas des Amu-Darja und Syr-Darya, durch Luftbildforschung nicht nur viele stadtartige Siedlungen, sondern auch ausgedehnte Systeme zahlloser Kanäle und Wasserverteiler festgestellt, und haben das Gebiet demzufolge «Land uralter Bewässerung» benannt [79].
Die Choresmier gehörten wohl jener Völkergruppe der ostjapheti tischen Steppenbauern des iranischen Hochlandes an, denen auch die Subaräer bzw. Hurriter zuzurechnen sind [80]. Die materiellen Kulturen Choresmiens weisen starke Bindungen zu Kasachstan und Südsibirien auf, so zur Afanassjewa-Kultur des 3. Jahrtausends und zur bronzezeitlichen Andronowa-Kultur des 2. Jahrtausends. Es wird jedoch mit fortschreitender Erforschung deutlicher, daß dem Aralsee-Gebiet dabei die Rolle des Vermittlers von Süd nach Nord zukommt [81].
Das Auftreten von typisch choresmischer Keramik zusammen mit sel-dschukischer Ware ist bei der bedeutenden Bolle, die Choresmien für die Entfaltung der frühmittelalterlichen Oghusenmacht und damit des Seldschukenreiches gespielt hat, keineswegs verwunderlich. Auch das Vorkommen dieser gemischten Keramik in Nordost-Anatohen findet seine Erklärung.
Im Jahre 1044 werden die altchoresmischen Kernlande von den Seldschuken erobert. Jahrhunderte hindurch hatte sich dieser Staat der Steppenvölker erwehren können. Ein jährlicher Feldzug gegen die oghusischen Nachbarn war schon zur Tradition geworden. Das Becken des unteren Jaxartes (Syr-Darja) wird von Mahmud äl-Käsgari auf seiner Karte auch ausdrücklich als das Gebiet der Oghusenstädte bezeichnet [82].
Nach einer Zeit der Bedeutungslosigkeit als
seldschukische Provinz, wo Alp Arslan noch 1065 einen Aufstand niederschlagen
muß, entsteht im l 1. Jahrhundert ein starker Vasallenstaat, dessen
Herrscherdynastie wieder den alten Titel vārezm-Šā
führt. Im 12. Jahrhundert wird daraus das mächtige Reich Choresmien des
Mittelalters, dessen türkische Militäraristokratie Persien bis zum Euphrat
erobert hat. Die seldschukische Hegemonie besteht nur noch nominell. Am Beginn
des 13. Jahrhunderts unternimmt der
varezm-Šā
'Alā'ad-Dīn
Mu
ammad II. (1200-1220)
sogar Eroberungsfeldzüge durch Georgien und in Armenien rund um den Vansee.
In der Zeit nach diesen Feldzügen könnte die «Kangha-Stadt» im Gebiet von Erzurum gegründet worden sein. Vielleicht war es eine Niederlassung des stets rührigen choresmischen Handels. Sicher aber ist ihre Entstehung im Zusammenhang mit den durch die « Vieh-Ebene» und Heerlagerplatz Karayazi gebotenen Möglichkeiten.
Durch die Invasion der Mongolen wurde das Reich Choresmien zerschla-
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gen. Der letzte vārezm-Šā
, ğalāl
ud-Din (1220-1231), setzte noch einige Jahre mit einem Teil seines Heeres (ca.
100.000 Mann) den Widerstand fort. Aber infolge seiner politischen
Kurzsichtigkeit hatte er nicht nur mit den Mongolen zu kämpfen, sondern auch
gegen die Heere der Georgier, der Ajjübiden von Damaskus, sowie der
Konya-Seldschuken. Nur der (seldschukische) Fürst von Erzurum stand auf seiner
Seite und teilte mit ihm 1230 die Niederlage [83]. Offenbar
war die Steppe Karayazi die letzte Operationsbasis der choresmischen Kavallerie,
die ihrem Herrscher gefolgt war, bis er 1231 im Taurus, an der äußersten Grenze
seines Reiches, ermordet worden ist. Ibn Bibi [84] beschreibt uns, wie 4000 choresmische Eitter
unter dem Befehl des Emir Husāmmuddīn
Qïr
ān
in der Ebene von Ṭoġṭab
von einer mongolischen Heeresabteilung überfallen und zersprengt worden sind.
Sie waren durch den seldschukischen Statthalter in A
lat
am Vansee gerade feierlich mit dem Gebiete von Erzurum belehnt worden und
(wahrscheinlich mit ihrem Troß) auf dem Wege dorthin. Unter der «Ebene von Ṭoġṭab»
muß die Steppe Karayazi verstanden werden. Sie erscheint besonders in
mittelalterlichen Quellen unter diesem Namen, meist in der Form Ṭeqṭab
[85].
Der Name ist noch heute erhalten im Tahtab Daği
(2880 m), der höchsten Erhebung der Kazbil-Kette. Auf diesem Berg liegt der
Toz-gecidi ('Staub-Pass'), von dem die alte Straße vom Vansee nach Erzurum in
die Ebene von Karayazi absteigt. Das ganze Gebiet um die Arasquellen samt dem
Bezirksort (Kaymakamlik) heißt heute
Tekman. Das türkische Synonym Karayazi ist also spät entstanden,
wobei sich die alte armenische Namensgebung nur am Rande dieser Ebene gehalten
hat.
Zum Verständnis der Situation, in der die Anfänge der «Kangha-Stadt» liegen mögen, sei hier der Bericht Ibn Bibi's auszugsweise wiedergegeben :
(189/190) « Der Sahib bekräftigte mit Qïrhan durch Schwüre Bündnis und Vertrag und verteilte s ä m t l i c h e L a n d s t r i c h e v o n E r z e r u m an ihn und an die übrigen Heerführer... Und entsprechend den Sultansurkunden, die ihm zur Verfügung standen, wurden auf den Namen von jedem der Emire von Hvarezm Lehensurkunden ausgestellt. Am Morgen sandte er die Lehensurkunden zusammen mit dreihundert Ehrenkleidern höchster, mittlerer und niedriger Klasse zu Qïrhan. Am nächsten Tage zogen dievarezmier mit der gesamten Gefolgschaft nach Erzerum.
Als die Hvarezmier aus dem Gebiete von A
hlāt aufgebrochen und nach Erzerum gezogen waren, erreichten sie Ṭoġṭab. Sie stießen auf eine Wiese gleich einem Paradiesgarten. Durch die Fülle des Grases und die g ü n s t i g e W e i d e auf jener Wiese verzaubert und verführt, saßen sie mit Freuden alle ab und legten die Sättel vom Rücken der Pferde auf den Boden, öffneten das Wehrgehänge, legten das Haupt auf das Kissen des Ausruhens und ergaben sich dem süßen Schlaf. Plötzlich überfiel sie a u s e i n e m T a l e h e r a u s das Heer der Mongolen und machte zahllose Menschen dem Schwerte zum
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Futter. Nur der, dem das Schicksal eine Frist vergönnt hatte, konnte das nackte Leben retten. Einzeln und in Gruppen irrten sie in Berg und Tal umher. Bis zum Sonnenuntergang hatte das Heer der Mongolen die Hvarezmier erledigt... (und weiter 190)... Plötzlich kroch aus einer Mauerspalte ein altes Weib hervor und lief zu den Reitern. Sie brachten sie zu dem ṣaīb [86]. Es war die Mutter des Qïrhan. Sie sagte : Wir waren i n d e r E b e n e v o n Togtab in den Schlaf gesunken. Plötzlich fielen siebenhundert mit Panzerhemden bekleidete Männer vom Heere der Mongolen, die in sechs Tagen von Muġān zu diesem Orte geeilt waren, über uns her. Wer wach war und ein Reittier zur Hand hatte, kam mit dem Leben davon und f l o h a u f e i n e n B e r g o d e r i n e i n T a l. Mich haben sie ergriffen und bis dorthin, wo mich die Reiter fanden, gebracht. Die Finsternis der Nacht machte ich zum Schleier meiner Züchtigkeit und nahm meine Zuflucht in einer Mauerspalte. Und mehr weiß ich nicht über das Los der Hvarezmier.» Der Sähib sagte : «Daß v i e r t a u s e n d Mann Hvarezmier von siebenhundert Mann Tataren überwältigt wurden, wäre doch eine große Schmach ». Die alte Frau antwortete : «Wenn ihr eine Mongolenmütze unter tausend hvarezmische Reiter werft, so stieben sie alle auseinander. Derartig hat sich das Entsetzen vor den Mongolen im Herzen der Hvarezmier festgesetzt». Der Sähib war über die Rede jener Hyäne bestürzt und sagte : «Bevor sie n o c h e i n e n S t r e i f z u g machen und an die Belagerung der Stadt gehen, sollten wir noch zuvor nach Erzerum ziehen». Sie brachten die dringlichsten Angelegenheiten des Reiches schleunigst in Ordnung, luden v i e r T a g e s r a t i o n e n auf und erreichten Erzerum».
ErgebnisDie Frage, aus welcher Zeit die Zeichen und Zeichnungen an den Wänden der Cunni-Höhle stammen, läßt sich nur in groben Zügen beantworten.
Wahrscheinlich schon in den ersten
Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, als Armenien zum Sassanidenreich gehörte,
muß die vierzeilige, unentziffert gebliebene Inschrift entstanden sein. Ihre
Schriftzeichen weisen nach dem manichäischen Mittelasien.
Mit einiger Sicherheit lassen sich die in der Cunni-Höhle (Erzurum) und auf
der Karatas-Alm (Sivas) gefundenen, oghusischen tamga
in das 12. Jahrhundert datieren [87]. Im Hinblick auf die
begrenzten Kommunikationsmittel jener Zeit ist die überraschende Ähnlichkeit der
von uns gefundenen Zeichen mit den von Mahmud al-Kasgari überlieferten Symbolen
der Hauptbeweis.
Die alttürkischen Runenzeichen stehen vermutlich räumlich und zeitlich zwischen den Alphabeten von Talas und von Szekl. [88] Aus vorher dargelegten Gründen kämen für ihre Anbringung Komanen in Frage.
Die Komanen werden von einigen Forschern als die südlichen Oghusen angesehen, doch ist ihre Herkunft bis heute ein umstrittenes Problem
78
geblieben [89]. 1078 werden die Oghusen (ouzoi) in byzantinischen Quellen zum ersten Mal Romanen (komanoi) genannt. Ob dieser Namenswechsel eine ethnologische Bedeutung hat, läßt sich nicht feststellen. Der Name Uz/Oguz wird danach nicht mehr gebraucht. Komanen stehen als Söldner in byzantinischen Diensten. So auch 1071 bei Malazgīrt (Manzikert) im Heere des Kaisers Romanos Diogenes, wo sie jedoch in der Nacht vor dem Treffen geschlossen zu den ihnen blutsverwandten Feinden überlaufen. [90]
Die in der Cunni-Höhle gefundenen uigurischen Sippenmarken sind vermutlich die jüngsten der dort angebrachten Zeichnungen. Sie könnten von Uiguren aus der Turfan-Oase, die im 13. Jahrhundert mit den Mongolen kamen (und vielleicht Christen waren) hinterlassen worden sein.
Die unweit der Höhle gelegene «Kangha-Stadt» könnte in der Mitte des I3. Jahrhunderts gegründet worden sein. Vielleicht war sie ein Refugium der Getreuen des letzten Hvarezm-Sah, und man hatte ihr den altehrwürdigen Namen der im Mongolensturm untergegangenen Heimat gegeben. Offenbar war sie nicht lange bewohnt, denn sie zeigt nur die eine, choresmisch-seldschukische Kulturschicht. Außerdem führt die Gleichförmigkeit der Hausruinen zu dem Schluß, daß die Stadt einem Erdbeben (1446) zum Opfer gefallen und dann verlassen worden ist [91].
Abschließend kann behauptet werden, daß die Überlieferungen in der Cunni-Höhle und der nahebei gelegenen Siedlungsruine insgesamt mit Westturkestan, Turfan und dem Aralseegebiet in Verbindung stehen. Dadurch ist die Bedeutung der Höhle als einer Station an der Einfallstraße der Steppenvölker nach Kleinasien erwiesen. Eine zukünftige Untersuchung der Ebene Karayazi, von der sich seit Ende des Mittelalters der Verkehr gänzlich abgewendet hat, liegt daher im Interesse der historischen Geographie.
[Back]
1. Herr FUAT GÖKÂLP, Finanzreferent der Staatl. Straßenbauverwaltung in Erzurum, hatte mir von dieser Höhle und ihren seltsamen Zeichen erzählt. Die Exkursion dorthin unternahm ich in Begleitung des Dekans der Fakultät für Naturwissenschaft und Literatur, Prof. Dr. ISMAIL YALÇINLAR, und des Direktors der Chemie-Institute der Atatürk-Universität, Prof. Dr. BRYANT HARRELL.
Für Literaturhinweise danke ich Herrn Prof. Dr. ŞINASI TEKIN (Harvard University, Cambridge, Mass.), besonders aber Frau Prof. Dr. ANNEMARIE v. GABAIN (Universität Hamburg) für die Korrektur des Manuskriptes und für ihre detaillierte Beratung.
Im Inneren der Höhle konnten in Ermangelung eines Blitzlichtes keine Photos aufgenommen werden.
2. Dagegen müssen die nur wenige Kilometer südwestlich gelegenen «Sünnet-Höhlen» bis zuletzt eine armenische Kultstätte gewesen sein, wie aus der teilweise erhaltenen Schriftmalerei, dem zerstörten Freskenschmuck der rechteckigen Räume, den Apsiden, Säulen, Kapitalen und Spitzbogen zu schließen ist. Verzierte Schalen und Kannen aus Kupfer sollen dort gefunden worden sein. Die in schneeweißen Kalk gehauene Anlage muß einstmals einen prächtigen Anblick geboten haben. Seit Jahrzehnten jedoch wird der Kalkstein von den Bewohnern des nahen Dorfes Bayro zur Mörtelherstellung gebrochen und diese seltene, aus dem Fels gehöhlte Architektur zerstört. Die Lage dieser Höhle im schwer zugänglichen Hochtal einer Quelle des Kazbil-Baches hat im Vergleich zur Cunni-Höhle keine in alten Zeiten wünschenswerten Vorteile.
20 km östlich der Cunni-Höhle liegen zwischen den Dörfern Kanisipi (mit einer Burgruine) und Memitan ebenfalls zwei größere Höhlen, die ich nicht besucht habe. Herr stud. agr. Ahmet Aras aus Elmalidere (Mollaosman) im Bezirk Karayazi zeigte mir eine von mehreren byzantinischen Goldmünzen, die er dort gefunden hat. Diese hatte einen Durchmesser von 2 cm. Die Vorderseite zeigt das Portrait des Kaisers mit kreuzgeschmücktem Diadem, sowie die Umschrift : DM TIB CONSTANT PP AVG. Die Rückseite zeigt ein auf vier Stufen stehendes Kreuz, darunter die Signatur der Münzstätte CONOB und die Umschrift: VICTORIA AVG... (unleserlich).
3. Maḥmūd al-Kāšgarī : Divanü Lûgat-it-Türk. Ed. BESIM ATALAY, Tercümesi, I, 55-58; Tipkibasimi (Faksimile), 40/41, Ankara 1941.
4. Rašīd
ad-Dīn Fadl-Allah, āmi
'al-Tawārīc,
ed. Bahman Karimi, Vol. I,
(pers.
Text), Teheran 1338 (1959).
5. ANNEMARIE v. GABAIN: Alttürkische Grammatik, Leipzig 1950, §9.
6. CUMONT, FKANZ et EUGÈNE : Voyage d'éxploration archéologique dans le Pont et la Petite Arménie. fig. p. 316, carte XXII. Studia Pontica II.
7. Der Kösedaği (3577 m) ist bekannt durch den kampflosen Sieg der Mongolen über das doppelt so zahlreiche Heer der Konyaseldschuken am 3. Juli 1243. Nur fünf Kilometer entfernt liegen die Ruinen der römischen Stadt Nicopolis, welche einstmals Pompejus am Ort seines Sieges über Mithridates erbaute.
8. LE STRANGE : The
Geographical Part of the «Nuzhāt al-Qulūb»
(amd-allāh
Mustawfī 1340), S.
93, London 1919.
9. Wie mir Frau Prof. Dr. ANNEMARIE v. GABAIN mitteilte, hat N. YAMADA auf dem Internat. Orientalistenkongreß in Moskau 1960 festgestellt, daß auf den uigurischen Dokumenten die tamga Siegel, und die nišan Zeichen sind. Auch heute unterscheidet die türkische Sprache zwischen damga basmak (Stempel aufdrücken) und nišan çizmek ('Zeichen zeichnen / ritzen').
10. ÖGEL, BAHAEDDIN : Islamiyetten önce Türk Kultur Tarihi. Türk Tarih Kurumu VII, 42. Ankara 1962. S. 131.
12. FEHÉR, GÉZA : Les Proto-Bulgares. Archaeologica Hungarica, Bd. VII, S. 76 u. 150, Budapest 1940.
13. GABAIN, A.v. : Alttürkische Grammatik, Leipzig 1950, S. 249.
14. MAVRODINOV, N. : Le tresor protobulgare de Nagyszentmiklös; Budapest 1943, Archaeologia Hungarica XXIX, S. 78-83, Tafeln 43, 46.
15. ibid., Tafel 43, Abb. 2. Text S. 81 ff. Prestovatz liegt nordwestlich von Belgrad, in Slavonien.
16. ibid., «Sur ce chaton sont gravés trois signes ou plutôt un seul signe composé de trois parties — au milieu une fourchette à deux branches et de chaque côté un trait vertical».
17. BERTOLD SPULER : Iran in früh-islamischer Zeit, Wiesbaden 1952, S. 353.
18. FARÜK SÜMER : Oğuzlar, in : Islam Ansiklopedisi, IX, 378-87 Istanbul 1964.
19. Ali Riza YALGIN : Uludağ Çevresinde Türk Damgalan. III. Türk Tarih Kongresi, Ankara, 15-20 kasim 1943 (Tebliğler). Ders. : Anadoluda Türk damgalan. Bursa Halkevinesriyati,1944.
20. GEORGE VERNADSKY : Note on the Origin of the Word tamga. JAOS (Journal of the American Oriental Society), Vol. 76 (1956), S. 188-189. DZAMBULAT DZANTY : L'Bmpire des Ose-Alanes (Institut d'Ossétologie, Clamart, Seine/France), I, 1953, p. 9, 20. W. MILLER : Ossetisch-russisch-deuteches Wörterbuch, Leningrad 1927-34, S. 476, 829. A.M. KASAEV : Osetinsko-russkij slovar'. Moskau 1952, S. 158, 236.
21. R. RAHMETI ARAT : Eski Türk Hukuk Vesikalari. S. 35 f. Türk Kültürü Arastirmalari I, l, Ankara 1964.
22. W. BAKTHOLD : 12 Vorlesungen über die Geschichte der Türken Mittelasiens. Berlin 1935, pp. 58, 92, 127.
23. YILMAZ ÖZTÜNA : Türkiye Tarihi, Band II, S. 153, 182, Ankara 1964.
24. ANNEMARIE v. GABAIN : Alttürkische Schreibkultur und Druckerei. Philologiae Turcicae Fundamenta, S. 179 Wiesbaden 1964. Ausführlich ist das Problem der Szekler und die Entwicklung ihrer Schrift seit dem 10. Jahrhundert dargestellt von : FEHÉR, GÉZA : Les monuments de la culture protobulgare et leurs relations hongroises, in : Archaeologia Hungarica VII, Budapest 1931, Kap. «Caractères runiques», S. 151-157. ders. : Bulgarisch-ungarische Beziehungen in den V-XI. Jahrhunderten, Budapest 1921, Veröffentlichung der Asiatischen Kommission der Korösi Cosma-Gesellschaft. S. 68, 72, 75, 135-136. FRANZ ALTHEIM : Hunnische Runen. Halle/S. (1948), Hallische Monographien, hrsg. v. O. EISSFELDT, Abb. 4; S. 11 ff.
Die «Schriftzeichen» von Aboba-Pliska, welche K. MIJATEW (Bull. Inst. Arch. Bulg. 14) wiedergegeben hat, stimmen nur in einzelnen Fällen mit den Runen des Schatzes von Nagy-Szent-Miklos überein. Auch handelt es sich m.E. um keine Steinmetzzeichen. Mindestens die in seiner Tafel 146 abgebildeten Zeichen Nr. 25, 34, 41 stellen eindeutig das tamga des Qayïg-Stammes (Osmanen !) dar. Außerdem erkenne ich die tamga der Stämme Igdir, Salgur, Bigdili, Yazar, Tutïrka u.a.m.
25. HÜSEYIN NAMIK ORKUN, «Eski Türk Yazitlari», Istanbul 1940, Türk Dil Kurumu, Band III, S. 209-14. Ačiq-Tas Hegt in dem Teil des Talas-Tales, der zur Kirgisischen SR gehört. Der vierkantige Holzstab wurde bei einer geologischen Sondage aus 5 m Tiefe zutage gefördert und befindet eich in der Eremitage, Leningrad.
26. SERGEJ EFIMOVIČ MALOV, «Tallaskie epigraficeskie pamjatniki», in : Materialy Uzkomstarisa, Vyp. 6-7, Moskau-Leningr. 1936.
27. LOUIS BAZIN, «La litterature épigraphique turque ancieune»: in : Philologiae Turcicae Fundamenta, 1964, S. 197 u. 206.
28. HÜSEYIN NAMIK ORKUN, fortan zitiert : HNO, III, 243-44.
30. ARTIN PACHA,
Contribution à l'étude du blazon en Orient. London 1902, p. 43. Dort: .
31. LOUIS BAZIN, op. cit. S. 206.
32. NÉMETH, GYULA .- Die Inschriften des Schatzes von Nagy-Szent-Miklós. Budapest 1932.. (Pečenegische Runen).
33. HNO, III, 213; a) III, 243-44; b) II, 195.
34. WILKE G. : Die Religionen der Indogermanen, 1922, S. 137.
35. GABAIN A.v. : Die alttürkische Literatur. Philolog. Turc. Fund., 1964, S. 211.
36. GABAIN A.v. : Alttürkische Schreibkultur.; (cit. Anna. 24), S. 179.
37. SÜMER, FARUK : Islam Ansiklopedisi, Bd. 9, «Oğuzlar», S. 384 Istanbul 1964.
38. JENSEN, HANS : Geschichte der Schrift. Hannover 1925, S. 166. FBIEDRICH, JOHANNES : Geschichte der Schrift, Heidelberg 1966 S. 108 und Abb. 195.
Es sei hier erwähnt daß, der nach oben gerichtete Pfeil schon im Sumerischen den Lautwert ti hat, der auch als Wort die entsprechende Bedeutung besitzt, (vgl. alttürk. oq).
39. KRETSCHMER in : Pauly's Realencyclopaedie der classischen Altertumswissenschaft, I, Sp. 790. BERVE, Helmut «Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage». Bd. I; S. 255 (München 1926). Quellen : Strabo XI, 518; Gurt. VII, 5, 28ff.
Diese deportierten Orakelhüter von Branchidä in Karien (Herod. I, 42, 150), die Tempelschänder von Didyma, haben vielleicht die intellektuelle Grundlage für die spätere Bedeutung der Stadt Merw als Literaturzentrum dorthin gebracht, (dazu : Altheim, Geschichte d. Hunnen III/, «Merw, Stadt der Übersetzer».
40. RE II, Sp. 154. Herodots Vater trägt den karischen Namen Lyxes und gehörte einem alten Geschlechte an, seine Mutter war aber dorischer Herkunft. Wenn sich Herodot als Grieche fühlte, so begründet sich das in der matriarchalischen Gesellschaftsordnung der Karer, die er selbst (I, 163) beschreibt : «Fragt einer den anderen, wer er sei, so wird er anzeigen, wer seine Mutter sei und auch der Vormütter seiner Mutter gedenken».
41. BERVE : op. cit., I, S. 255; I, S. 18 (Arr. VII, 23. l — Aristob. frg. 23 — Arr. IV, 8.9 u. 16. 6) s.a. Plin. VI, 49.
42. TOMASCHEK : RE II, Sp. 2810 (Baktrianoi).
44. A.v. GABAIN : Alttürkische Schreibkultur., cit. Anm. 24 (S. 179).
45. VITALI ŠEVOBOŠKIN : Zur karisehen Schrift und Sprache, in : Kadmos, Zeitschrift für vor- und frühgriechische Epigraphik. Bd. III (1964) S. 72-87. — ŠEVOROŠKIN informiert über alle bisherigen und eigenen Deutungsversuche ausführlicher in seinem Buch : Issledovanija po deširovke karijskich nadpisej. Moskau 1965. — Neuerdings soll J.V. OTKUPŠČIKOV in Leningrad die Entzifferung der karischen Schrift gelungen sein. (Notiz im «Informationsdienst für Bildungspolitik und Forschung», Wien, vom 15.9.66.
46. A.v. GABAIN : Komanische Literatur, in : Philologiae Turcicae Fundamenta II, S. 243 ff.; vgl. A. TIETZE : The Koman Eiddles and Turkic Folklore. Berkeley-Los Angeles 1966, S. 56 u. 12.
47. HNO, III, 216; IV, 184; II, 128, 162, EBERT : Reallexikon Bd. XII «Sibirien», Taf. 13b.
48. WILHELM RADLOFF : Atlas der Altertümer der Mongolei, XI, 9; XII, l; XIV, 2, Petersburg 1892-99.
49. ÖGEL : (op. cit. -8), S. 203.
50. POTANIN, G.K. : Očerki severo-zapadnoj Mongolii, vol. II, S. 161 Petrograd 1881. UNO HOLMBERG : The Mythology of all Races, Vol. IV (Siberian Mythology). New York 1964. S. 502-512, 520, fig. 20. HANS FINDEISEN : Schamanentum. Stuttgart 1857 (Urban-Bücher : 28) S. 81-83 u. Anm. 6, S. 216.
51. GEORG VERNADSKY : The Origins of Russia. Oxford 1959, S. 35. V.l. ABAEV : Osetinskij jazyk i folklor, I. Moskau-Leningrad 1949, S. 179.
52. HOUTSMA, M.Th. : Die Ghuzenstämme. WZKM, Bd. II, Wien 1888 S. 219-33.
53. MÜLLER, FRIEDRICH : Zur Geschichte der armenischen Schrift. WZKM, Bd.2, 1888, S. 245-48.
54. JENSEN, HANS : a.a.O., S. 411 f. vgl. : TAYLOR : The Alphabet, II, 268.
55. HONIGMANN, E. : Die Ostgrenze des Byzantinischen Reiches. Brüssel 1935, S. 64.
56. NÖLDECKE, Th. : Syrische Grammatik. Leipzig 1880, § 16.
57. DEETERS, GERHARD : Georgische Literatur. Handbuch der Orientalistik, I. Abt. Bd. 7 (Armenisch und kaukasische Sprachen) Leiden 1963, S. 130. ALTHEIM FRANZ-STIEHL, RUTH : Die aramäische Sprache unter den Achaimeniden, Bd. I. Frankfurt/Main, 1963, S. 243 ff. u. Abb. l (S. 245). DIRINGER D. : The Alphabet. New York 1958, pp. 259-260; fig. p. 268.
58. CERETELI, G.W. : Armazkaja bilingva. Akad. Nauk. Gruz. SSR, Inst, istorii. 1942. S. l, 19-20, 62f. vgl. auch : Mzcheta l : Armazi-Chewi (1958), Taf. 61.
59. SCHANIDZE, A.G. : Jazyk i piäs'mo Kavkazskich Albancev. Vestnik otdel. obščestv. nauk l, 1960, S. 168 f. JUNKER HEINRICH : Das Awesta-Alphabet und der Ursprung der georgischen und armenischen Schrift. Caucasica 2 (1925), 1-82; 3 (1926) 82-135.
60. DEETERS, GERHARD : Das Alter der georgischen Schrift. Oriens christianus, Bd. 39 (1955), S. 56-65.
61. ALTHEIM, FRANZ : Hunnische und alttürkische Runen, in : Geschichte der Hunnen Bd. I, Kap. 11, S. 268-289 u. Abb. 4, 5 (S. 4.37). Im Band IV, Kap. l («Zwei neue Funde») des gleichen Werkes behandelt F. ALTHEIM ebenfalls die armazischen Inschriften.
62. GABAIN, A.v.: Alttürkische Grammatik, Glossar, S. 327.
63. Divanü Lûgat-it-Türk Tercümesi, op. cit. (2), I, 92. Der Übersetzer stellt hier in einer Fußnote diese Wegweiser als ein Beispiel für die Höhe der alttürkischen Zivilisation vor.
64. HNO : cit. (18), Band III, S. 195.
65. HÜBSCHMANN : Indogermanische Forschungen, XVI, p. 476 (mit Karte).
66. Divanü Lûgat-it-Türk Tercümesi, I, 329.
67. HÄMIT ZÜBEYR, KOŞAY - REFET, ISHAK : Anadilden Derlemeler, Ankara 1932, neben der üblichen Bedeutung ,Ebene'.
68. DANIEL DES THAURISIO : Histoire des croisades II, S. 616.
69. Michele le Syrien, III, S. 243. Chronique par I.B. Chabot Paris 1899.
70. Teghtap (LYNCH) ; Tiektab (LAYARD) — Tiknatap bei HÜBSCHMANN : Indogerm. Forsch. XVI, 475, liegt in Russisch-Armenien.
71. VULLERS, Lexicon Persico-Latinum III, 944 a.
72. Die Scherben befinden sich im Museum der Atatürk-Universität von Erzurum.
73. TOLSTOV, S.P. : Auf den Spuren der altchoresmischen Kultur, deutsch von O. MEHLITZ. « Sowjetwissenschaft », Beiheft 14, Berlin 1953. Siehe besonders Kap. VI : «Das heilige Kangha», S. 101-178. Auch : ÖGEL : op. cit. (8), p. 178-80, levha 17.
74. Die Ziegeltamga der K'ang-kü-Kultur sind in der russischen Ausgabe deutlicher wiedergegeben. (S. 95, Taf. 21).
75. Kawat Kala, oghusisehe Festung aus dem 12.Jh.; TOLSTOV : op. cit. S. 301, Abb. 91.
76. THOMAS, EDIT B. : Archaeologische Funde in Ungarn. Budapest 1956, S. 354, Abb. S. 355.
77. VERNADSKY, GEORGE : The Origins of Russia. Oxford 1959, S. 33.
78. HÜBSCHMANN : Indogerm. Forschungen, XVI, p. 354-56. SPIEGEL, Fr.; Erânische Altertumskunde, Bd. I, Leipz. 1871, 240. HONIGMANN, E. : Die Ostgrenze des Byzantinischen Reiches (Corpus Bruxcellense Historiae Byzantinae III Brüssel, 1935, S. 186).
79. Noch heute heißt der südlichste Arm des Amu-Darja « Kanga-Darja», und das Hilmend-Delta in Seistan «Mijān-i-Kang».
80. JETTMAR, K. : Die frühen Steppenvölker. 1964. HERZFELD, E. : Iran in the Ancient East.
81. u.a. sind die in den vorgeschichtlichen Kulturschichten Südsibiriens zu Schmuck verarbeiteten Muscheln von solchen Gattungen, die nur im Aralsee (corbicula fluminalis) oder in den Randmeeren des Indischen Ozeans (dentalium) auftreten. (S.A. TEPLOUCHOV).
82. TOLSTOV, S.P. : «Die Städte der Ghuzen» in : «Sowjet-Ethnographie», Jg. 1947, Heft 13.
83. NASAWI : Histoire du Sultan Djelāl ed-Din Mankobirte, prince du Khwarezm. Ed. OCTAVE HOUDAS, Paris 1891. (Publications de l'École des Langues Orientales Vivantes), Vol. X (traduction).
84. Die Seltschukengeschichte des Ibn Bībī. Hrsg. HERBERT W. DUDA Kopenhagen 1959. S. 153 ff. besonders : S. 178 f. (Die Memoiren des Schreibers berichten über die Jahre 1192-1280).
85. In ṭeġ-ṭab sehe ich «Ziegen-Ebene», von der armenisch-germanischen Glosse ṭeg> ahd. ziga; lab -s.o. (65).
86. Ṣāḥib
Dijā'uddīn
Qara Arslān, der
seldschukische Statthalter in Alat.
87. Erst nach Abschluß dieser Arbeit erfuhr ich, daß in der Nähe des Uludağ bei Bursa in Westanatolien ebenfalls tamga gefunden worden sind. Leider ist mir die betreffende Arbeit nicht zugänglich gewesen. YALGIN, ALI RIZA : Uludağ Çevresinde Türk Damgalari, III. Türk Tarih Kongresi, Ankara, 15.-20. Nov. 1943 Bericht (Tebliğler) : Ankara 1948, S. 426-433. YALGIN, A.B. : Anadoluda Türk Damgalari. Bursa Halkevi Neşriyati, 1944.
88. Die augenfällige Übereinstimmung dieser Runen mit dem karischen Alphabet läßt mich-vermuten, daß die Talas-Kerbschrift in hellenistischer Zeit aus den Nordprovinzen des Alexanderreiches entlehnt worden ist.
89. Einige der bei Mahmud al-Kasgari und Rasid ed-Din genannten Oghusenstämme scheinen überhaupt assimilierte Fremdvölker gewesen zu sein. So hält TOLSTOV [op. cit. (50) S. 264] die Tüger/Düker für «Tocharer» und die Yazgir/Yazar für «laser», also Teile der alten, indogermanischen Bevölkerung des Aralseegebietes.
90. MARQUART : Osttürkische Dialektstudien, 2. Kap. : «Über das Volkstum der Komanen». S. 48 ff. Abh. Göttingen, phil.-hist. Kl. N.F. Bd. XIII, 1.
91. Auch die in unserer Zeit durch Erdbeben zerstörten Städte, wie z.B. Van und Erzincan sind an ihrem alten Platze nicht mehr errichtet worden. Ich habe an beiden Orten tagelang beobachtet, wie die Ruinen von den Lebenden gemieden werden. Das letzte große Erdbeben in Ostanatolien (1966) hat sich besonders im Gebiete der Arasquellen und am Bingöl-Maasiv ausgewirkt. Auch hier soll die völlig zerstörte Stadt Varto auf Beschluß der Regierung an anderer Stelle neu erbaut werden.